Eine neue Studie von Wissenschaftlern des Imperial College London und der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen untersucht, ob ein Verstehen in lauter Umgebung durch Berührungsreize verbessert werden kann. Das wäre für Schwerhörige eine wichtige Hilfe, denn viele haben enorme Schwierigkeiten, inmitten von Störgeräuschen eine Unterhaltung zu führen oder etwas zu verstehen.
Daß das Verstehen verbessert werden kann, wenn mehr als nur ein Sinnesorgan beteiligt ist, ist nichts Neues. Versuche, das Verstehen mit Hilfe von Berührungsreizen zu verbessern, sind früher schon durchgeführt worden (so z.B. mit Hilfe von Luftstößen in den Nacken der Probanden).
Das Prinzip ist, die übermittelte Information zu verstärken, indem zusammen mit den gehörten Silben den Probanden ein Berührungsreiz übermittelt wird.
In der neuen Untersuchung wird fast zeitgleich mit jeder gesprochenen Silbe über einen speziellen Motor ein Vibrationsimpuls an Daumen, Zeige- und Mittelfinger geleitet. Das kann man sich genauso vorstellen wie das Vibrieren, wenn man den Bildschirm eines Smartphone berührt.
Die Forscher haben eine signifikante Verbesserung des Sprachverstehens in Umgebungen mit Störgeräuschen festgestellt, was zwar nicht überraschend ist, aber das Spektrum der Möglichkeiten erweitert, mit denen Schwerhörigen das Verstehen erleichtert wird. Und die Untersuchung lenkt den Blick auf eines der schwierigsten Probleme von Hörgeräte- und CI-Trägern: Das Verstehen bei Neben- und Störgeräuschen.
Auch im Artikel der Nordbayerischen Nachrichten, der über die Studie berichtet (FAU Erlangen hilft schwerhörigen Menschen) wird zu Recht hervorgehoben, daß selbst moderne Hörhilfen den Störschall noch nicht zufriedenstellend herausfiltern können. Daher ist die Forschung in Richtung multisensorischer Informationsaufnahme enorm wichtig, denn jede noch so kleine Verbesserung des Verstehens bedeutet Entlastung und zusätzliche Lebensqualität für hörgeschädigte Menschen.
Nürnberger Nachrichten: FAU Erlangen hilft schwerhörigen Menschen
Studie: Enhancement of speech-in-noise comprehension through vibrotactile stimulation at the syllabic rate
Hinweis zur Studie: Die Untersuchung wurde an 19 Personen durchgeführt. Die statistische Aussagekraft ist also mit großer Vorsicht zu bewerten. Umso mehr, da diese Probanden allesamt nicht-schwerhörig waren, also ohnehin in lauter Umgebung weitaus besser verstehen als Hörgeräte- und CI-Träger. Gemessen wurden die Aktivitäten in den entsprechenden Hirnarealen, die dem Hören und Verstehen zugeordnet sind. Und diese waren signifikant (d.h. unter der oben gemachten Einschränkung) höher als ohne zusätzliche Berührungsreize.